Der Vermutungstatbestand der Fluchtgefahr in § 62 Abs. 3a Nr. 6 AufenthG setzt die Erklärung einer Entziehungsabsicht voraus (zG Kaniess Abschiebungshaft-HdB Rn. 109 ff.). Sie liegt vor, wenn erklärt wird, dass keine freiwillige Ausreise und kein zur-Verfügung-Halten für eine zwangsweise Ausreise beabsichtigt ist (BGH Beschl. v. 23.1.2018 – V ZB 53/17 – InfAuslR 2018, 187 – juris-Rn. 10).
In der Praxis wird oft nicht präzise genug zwischen beiden (kumulativen) Voraussetzungen getrennt. So sahen aktuelle Haftanträge in der bei Verhaftung (formularmäßig) erklärten Ankündigung von „Widerstand“ gegen eine Abschiebung eine Entziehungserklärung. Die Erklärung dürfte aber nur fehlende Ausreisebereitschaft, nicht jedoch die zweite Voraussetzung begründen:
„(D)er Wortlaut (…) lässt verschiedene Auslegungen zu. So ist Widerstand auch rechtlich möglich, zB durch Eilantragstellung beim Verwaltungsgericht. (…) Ebenso kann Widerstand rein passiv erfolgen, was für sich genommen ebenfalls kein aktives Entziehen durch zB Untertauchen begründen würde. Passiver Widerstand wäre aber lediglich fehlende Mitwirkung bei der Ausreise und (…) nur der Grund für die Abschiebung als Verwaltungszwangsverfahren, aber kein Haftgrund. Dabei ist das Wort ‚Widerstand‘ auch schon dem allgemeinen Sprachgebrauch gemäß auf eine Interaktion zwischen Beteiligten gerichtet; ein Widerstand ggü. Abwesenden wäre sprachlich mindestens schief. Ein vom Antragsteller angenommenes Entziehen würde aber gerade im Erfolgsfalle diese Abwesenheit begründen und daher sprachlogisch gegen einen Widerstand sprechen.“ (AG Tiergarten Beschl. v. 22.1.2021 – 381 XIV 10/21 B – juris-Rn. 12 – rkr.)
Auswirkung auf die Praxis:
Bei § 62 Abs. 3a Nr. 6 AufenthG ist genau darauf zu achten, ob die Erklärung ein Verhalten ankündigt, das normale Verwaltungszwangsmittel ins Leere laufen ließe. Nur dann kann der Vermutungstatbestand für Haft einschlägig sein, andernfalls muss die Behörde mit den Mitteln des Verwaltungszwangs (zB bei Direktabschiebungen) tätig werden.
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