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BGH: Darlegung bei Rücknahmeabkommen

In Haftanträgen muss konkret zielstaatsbezogen dargelegt werden, welche Schritte bis zur Abschiebung durchlaufen werden müssen (stRspr BGH Beschl. v. 12.11.2019 – XIII ZB 5/19 – juris-Rn. 10). Dies dient dazu, dem Haftrichter die Prüfung zu ermöglichen, ob die beantragte Haftzeit so kurz wie möglich gehalten ist (Kaniess Abschiebungshaft-HdB Rn. 328 ff. mwN).

Besteht mit dem Zielstaat ein Rücknahmeabkommen, sind „die nach diesem durchzuführenden entscheidenden Schritte in dem Haftantrag darzustellen“ (BGH Beschl. v. 15.11.2018 – V ZB 251/17 – juris-Rn. 7; zG Kaniess aaO Rn. 342 f. mwN). Dies setze schon nach bisheriger Rspr nicht zwingend voraus, dass das Abkommen normativ konkret zitiert wird, wohl aber, dass das Bestehen (irgend)eines Abkommens erwähnt und die nötigen Schritte dargestellt werden (BGH Beschl. v. 16.6.2016 – V ZB 12/15 – InfAuslR 2016, 429 – juris-Rn. 9).

Nunmehr geht der BGH noch einen Schritt weiter: Auch, wenn das Abkommen „nicht erwähnt“ wird, kann es genügen, „wenn die Verfahrensschritte, die nach den einschlägigen völkervertrags- oder unionsrechtlichen Regelungen für die Überprüfung der erforderlichen Dauer der Haft entscheidend sind, so dargestellt werden, dass der Haftrichter in eine Prüfung eintreten kann.“ (BGH Beschl. v. 6.1.2020 – XIII ZB 114/19 – juris-Rn. 10 – Hervorhebung durch Verf.)

Auswirkung auf die Praxis:

Entscheidend ist, dass die Notwendigkeit der Haftzeit richterlich geprüft werden kann: Soweit der Haftantrag dies durch konkrete Darlegung der Einzelschritte ermöglicht, ist er zulässig. Eine abstrakte (und sich oft in dieser Abstraktheit fälschlicherweise auch erschöpfende) Darlegung der Inhalte von Rücknahmeabkommen ist nicht erforderlich; die vergessene Erwähnung des Abkommens rechtfertigt allein keine Zurückweisung des Antrages (mehr).

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