Mit am 01.01.2022 in Kraft tretendem § 14b FamFG ist eine Nutzungspflicht für das EGVP geregelt, welche auch behördliche Haftanträge betreffen kann. Gerade im Eildienst großer Gerichte (die zB nur ein EGVP für das Gesamtgericht haben) macht dies die Handhabung nicht einfacher, da oftmals per Fax oder persönlicher Übergabe ein schnellerer Zugriff auf behördliche Haftanträge möglich ist.
Allerdings muss die neue Norm nicht zwingend so ausgelegt werden, dass sie Anträge auf Anordnung von Abschiebungshaft umfasst: § 14b FamFG nF statuiert in Abs. 1 eine Nutzungspflicht des EGVP für Behörden in Bezug auf Anträge, die zwingend schriftlich einzureichen sind. Abs. 2 sieht vor, dass Behörden das EGVP für sonstige Anträge nutzen „sollen“.
- § 14b Abs. 1 FamFG nF knüpft damit an eine echte Rechtspflicht zur schriftlichen Antragstellung. Anträge können aber nach § 25 FamFG grds. auch mündlich/telefonisch gestellt werden, soweit besondere Regelungen nicht Schriftlichkeit vorschreiben (Sternal, in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 23 Rn. 19). Dies tut § 417 FamFG nicht. Vielmehr beschreibt die Norm nur den notwendigen Inhalt des Antrages, nicht die Art der Einreichung. Daher kann sich der Antrag zB zT auch aus dem Sitzungsprotokoll ergeben (BGH Beschl. v. 21.10.2010 – V ZB 96/10 – juris-Rn. 13). Das FamFG sieht zwingende Schriftform bei der Beschwerde vor (§ 64 Abs. 2 FamFG), iÜ nicht. Dass § 14b Abs. 1 FamFG nF damit für das FamFG weitgehend leer läuft, hat der Gesetzgeber gesehen und aufgrund der Besonderheiten des FamFG ggü. der ZPO bewusst in Kauf genommen (BT-Drs. 19/28399, S. 39 f.).
- § 14b Abs. 2 FamFG nF erfasst sonstige Anträge, also auch solche betr. Abschiebungshaft. Für diese „soll“ das EGVP behördlich verwendet werden. Das heißt, im Regelfall muss es das, nur im atypischen Fall nicht. Der atypische Fall soll dabei aber nicht inhaltlich, sondern zeitlich zu verstehen sein: Mit § 14b Abs. 2 FamFG nF kann „bei Vorliegen besonderer Umstände auch auf andere Formen der Antragstellung ausgewichen werden (…). Die Gerichte werden dadurch – gerade im Bereitschaftsdienst – von der (…) umfangreichen und zeitaufwändigen Prüfung befreit, ob der Antragsteller zu den von der Nutzungspflicht des §14b FamFG umfassten Personen gehört und der Antrag in der gestellten Form zulässig ist.“ (BT-Drs. 19/28399, S. 40; Hervorhebung von Verf.).
Fälle der Abschiebungshaft, die im Eildienst vorkommen, dürften also nicht unter § 14b Abs. 1 FamFG nF fallen und sind nach der Gesetzesbegründung wohl ein atypischer Fall iSd § 14b Abs. 2 FamFG. Dies betrifft die gängige Konstellation der Verhaftung mit anschließender Antragstellung und Vorführung (§ 62 Abs. 5 AufenthG). Für sie ist Fax-Antragstellung daher wohl weiter zulässig. Dies wird nur dort anders sein, wo mit genügend zeitlichem Vorlauf (zB bei laufender Inhaftierung) Vorab-Haftanträge gestellt werden; diese dürften einen Regelfall des § 14b Abs. 2 FamFG darstellen mit der Folge grds. zwingender EGVP-Nutzung.